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Wie Hainer in unseren Gartenteich kam

„Sag mal Hainer“, hat die Tinta gefragt, „wie kommst Du denn eigentlich in unseren Gartenteich?“ „Wollt Ihr das wirklich wissen? Das ist aber eine lange Geschichte.“

„Au ja“, hab ich gerufen. Ich liebe nämlich Geschichten. Außerdem hatte ich sowieso nichts anderes vor. Und da die Tinta sich ganz entspannt zurückgelehnt hat, war ich mir sicher, dass sie auch ganz neugierig war, wie unser neuer Freund zu uns gefunden hat.

„Wisst Ihr“, hat Hainer angefangen, „eigentlich komme ich ja aus dem Amazonas. Das ist der größte Fluss der Welt. Der istüber 6000 Kilometer lang. Genauer gesagt habe ich früher an der Mündung des Napo in den Amazonas gelebt. Das ist im Grenzland von Brasilien und Peru. Da leben auch noch ganz viele andere Tiere. Jaguare, Riesenottern, Tapire, Ameisenbären, Delphine, Tukane, Piranhas, Schlangen und eben auch Zwerghaie.“ „Haben denn alle Zwerghaie solch eine rote Flosse?“, wollte ich wissen. „Nicht alle, nur die aus unserer Familie“, hat Hainer ganz stolz geantwortet. „Es gibt noch zwei weitere Zwerghai-Familien, die eine bunte Flosse haben. Die eine hat eine leuchtend gelbe und die andere eine dunkelblaue. Alle anderen haben normale Flossen. Und nur die Zwerghaie mit den bunten Flossen können sprechen, die anderen nicht.

Eigentlich war es ganz schön im Amazonas. Aber etwas ist ganz furchtbar. Überall am Amazonas wird der Regenwald gerodet. Und der Wald lässt sich nicht wieder herstellen. Deshalb wird das Land da zur Steppe oder zur Sandwüste und die Tiere haben immer weniger Platz. Trotzdem war es da eigentlich recht schön und ich habe gerne dort gewohnt.
Aber eines Tages ist etwas passiert, was mein ganzes Leben total verändert hat. Ich bin ganz früh mit meinem Cousin Amarillo, ein Zwerghai aus der gelben Familie, vom Napo in den Amazonas geschwommen. Wir wollten einen kleinen Ausflug machen. Wir waren noch gar nicht so weit gekommen, als ich in ein Netz geraten bin. Amarillo hatte Glück, an ihm ging das Netz vorbei. So sehr ich es auch versuchthabe, ich bin nicht aus dem Netz gekommen, und Amarillo konnte mir auch nicht helfen. Plötzlich gab es einen Ruck und ich wurde aus dem Wasser nach oben gezogen. Dabei bin ich ohnmächtig geworden. Als ich dann wieder zu mir gekommen bin, befand ich mich in einem großen Glasbassin zusammen mit anderen Fischen. Wir hatten alle furchtbare Angst. Nach einiger Zeit konnte ich erkennen, dass wir auf einem Schiff waren. In diesem Glasbassin haben wir einige Wochen verbracht. Es war eine ziemlich lange Reise.

Irgendwann war die Reise auf dem Schiff aber dann doch zu Ende. Da wurde ich dann gepackt und aus dem großen Bassin in ein kleineres geworfen. In dem Bassin war ich ganz alleine. Ihr könnt Euch vielleicht vorstellen, wie unheimlich das für mich war. Ich wusste ja nicht, was man mit mir vorhatte. Dieses kleine Bassin haben sie dann auf ein Auto geladen und die Reise ging für mich weiter.
Diesmal hat es nicht so lange gedauert, nur ein paar Stunden. Als wir da waren, bin ich in ein Riesenbecken gekommen. Darin haben auch noch andere Fische gelebt. Neben unserem Becken gab es noch weitere. Und regelmäßig kamen ganz viele Menschen und haben uns angestarrt und auch fotografiert. Da wurde mir bewusst: ich bin in einem Aquarium gelandet. Ich war quasi ein Ausstellungsstück geworden. Mir war nur noch nicht klar, wo genau dieses Aquarium war. Ich konnte zwar auch damals schon sprechen, aber nur Portugiesisch wie in meiner Heimat Brasilien und einige Dialekte der Amazonas-Indianer. Eure Sprache aber noch nicht. Die habe ich erst im Laufe der Jahre gelernt. Ich hatte ganz schön Heimweh. Nach dem Amazonas, nach meiner Familie und meinen Freunden, und ich wollte unbedingt meine Freiheit wieder haben. Nur wusste ich beim besten Willen noch nicht, wie ich das denn anstellen sollte. Aber im Laufe der Zeit habe ich einen Plan entwickelt. Erst mal musste ich Eure Sprache lernen, damit ich mich irgendwie verständigen konnte. Deshalb habe ich die Besucher im Aquarium und die Pfleger, die sich um uns kümmerten, genau beobachtet und ihnen zugehört. Am Anfang war das ja noch recht mühsam, aber nach einem Weilchen ging das immer besser und ich habe auch immer mehr verstanden. Schwieriger wurde es schon mit dem zweiten Teil meines Plans. Ich musste jemanden finden, mit dem ich Kontakt aufnehmen konnte, mit dem ich reden konnte. Und der dritte und letzte Teil meines Plans war der schwierigste. Diese Person musste ich davon überzeugen, dass sie mir hilft zu fliehen. Also Besucher kamen hierfür nicht in Frage, das war mir schnell klar. Die haben sich das Aquarium meistens einmal angeschaut und waren dann wieder weg. Das war zu kurz. Also musste ich einen Tierpfleger finden, dem ich vertrauen konnte. Mir war aber gleich klar, dass ich da ganz vorsichtig vorgehen musste. Wenn ich mir den falschen ausgesucht hätte, wäre meine Chance futsch gewesen. Ich war mir sicher, es musste beim allerersten Versuch klappen, ich würde nur eine einzige Chance haben und dann nie wieder. Also habe ich die Pfleger lange beobachtet. Ich hab mir angesehen, wie sie sich uns Tieren gegenüber verhalten, was sie so untereinander reden und so. Es hat lange gedauert, bis ich mir einen ausgesucht habe. Der, den ich mir dann ausgesucht habe, war noch gar nicht so lange bei uns. Aber irgendwie war der mir von Anfang an sympathisch. Der scheint wirklich nett zu sein, hab ich mir gedacht. Er gab sich mit allem sehr viel Mühe. Er hat unser Becken immer ganz ordentlich sauber gemacht und uns reichlich Futter gegeben. Als er dann eines Tages, nachdem er alles erledigt hatte, noch ein wenig vor unserem Becken stehen geblieben ist und laut vor sich hin gesagt hat: „Eigentlich tut ihr mir richtig leid. Ihr seid hier so eingesperrt, statt im Meer oder einem schönen Fluss herum zu schwimmen.“ Als er das gesagt hat, waren meine letzten Zweifel verflogen. Der ist es, habe ich mir gesagt. Das ist deine Chance. Wenn er morgen wieder kommt, werde ich ihn ansprechen. Aber ich muss es behutsam machen, habe ich mir gedacht, sonst verschrecke ich ihn.

„Pst“, habe ich gerufen. Zuerst recht leise , aber dann etwas lauter. „Pst“. Da hat er sich ganz irritiert umgesehen, denn außer ihm war kein Mensch im Raum. „Pst, hier bin ich“, habe ich gerufen und bin hinter den Pflanzen, hinter denen ich mich versteckt hatte, hervor geschwommen. Da ist ihm der Eimer, den er dabei hatte, aus der Hand gefallen und er hat seine Augen ganz weit aufgerissen. „Ich glaub, ich spinne“, hat er gemurmelt. „Nein, nein, Du spinnst nicht“, habe ich gesagt und bin näher an ihn heran geschwommen. „Du, Du kannst sprechen?“, hat er völlig entgeistert gefragt. „Ich weiß, es ist eine etwas ungewöhnliche Situation“, habe ich gemeint. „Und sicherlich triffst Du zum ersten Mal einen Zwerghai, der sprechen kann. Aber das ist nun mal so, das musst Du schon als Realität hinnehmen. Ach wenn Dir das keiner glauben wird.“ Das war ja auch meine Sicherheit. Wenn er doch nicht der Richtige wäre und mich verpetzen würde, würde ihm niemand glauben. Und ich hätte mich dann stumm gestellt. Wer hätte dann beweisen sollen, dass ich kein gewöhnlicher Zwerghai bin und sprechen kann. Nach einem kurzen Zögern ist er dann ganz nah gekommen und hat sich zu mir gesetzt.

So sind wir dann ins Gespräch gekommen. Ich hab ihm aber nicht sofort von meinem Plan erzählt. Ich wollte ihn nicht komplett überfordern. Und außerdem wollte ich auch erst mal sehen, ob ich ihm wirklich vertrauen kann. So haben wir uns im Laufe der Zeit näher kennen gelernt. Toni heißt er. Dann war es aber doch an der Zeit, dass ich mit meinem Plan rausrückte, ich wollte ja nicht ewig im Aquarium bleiben.

„Nein, das ist unmöglich, das geht nicht“, war Tonis erste Reaktion. „Wenn das jemand mitbekommt, fliege ich hier raus.“ Ich hab versucht, ihn zu beruhigen. „Das muss ja niemand mitbekommen. Außerdem halte ich mich ohnehin die meiste Zeit verborgen. Also weiß kaum jemand, dass es mich hier gibt.“ „Nee, das ist ausgeschlossen“, hat er gemeint. Ich kann Euch sagen, dass war ziemlich anstrengend, ihn doch zu überreden.

„Na gut“, hat er nach einiger Zeit gemeint, als ich schon fast nicht mehr damit gerechnet hatte. „Aber ich kann Dich nicht zum Amazonas bringen. Bei uns in der Nähe gibt es einen Gartenteich, der sieht ganz schön aus. An dem bin ich mal vorbei gekommen, als ich spazieren gegangen bin. Da kann ich Dich hinbringen. Aber wir müssen warten, bis ich abends mal ganz allein im Haus bin. Dann können wir das machen. Ich muss ja völlig verrückt sein“, waren seine letzten Worte an diesem Tag. „Na gut, besser frei im Gartenteich als eingesperrt im Aquarium“, hab ich geantwortet. „Und verrückt bist du auch nicht, Du bist nur ein guter Mensch.“ „Eben“, hat er nur kurz gesagt und ist gegangen.

Ein paar Tage später ist die ganze Aktion über die Bühne gegangen. Der Gartenteich, den er gesehen hatte, war dann ja wohl Euer. Es ist wirklich ganz nett hier. Das könnte mir gefallen.“

„Wenn Du willst, kannst Du gerne bleiben. Nicht wahr Tinta“, habe ich zu Hainer gesagt. Die Tinta hatte nix dagegen. „Na gut, dann bleibe ich ein Weilchen. Zum Amazonas kann ich ja immer noch zurück.“

Und jetzt gehört Hainer zu unserer Familie. Leider können wir ihn nicht zu unseren Auftritten mitnehmen. Aber wenn wir zurück sind, erzählen wir ihm immer alles genau. Hainer ist jedes Mal schon ganz gespannt und will immer wissen, was wir alles gemacht und erlebt haben. Und manchmal gibt er uns auch Tipps für unsere Auftritte. Ich muss schon sagen, Hainer hat oft ganz tolle Ideen.

Die Tinta und ich sind dann mal weg. Wir haben einen Auftritt.

 

Bis neulich.

 

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